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Andreas Varesi im Gespräch mit Markus Häp von Hymes Energy

Andreas Varesi:
Ja, lieber Markus, erst einmal ganz herzlichen Dank, dass du dich bereit erklärt hast, uns in einem Interview ein wenig über deine Erfahrungen als DEKRA-zertifizierter Berater für Elektromobilität und alternative Antriebe zu erzählen. Du hast ja Ende 2021 bei uns in der eMobile Academy die Ausbildung absolviert und bist daher bereits ein „alter Hase“ auf diesem Gebiet. Erzähl doch bitte mal, wie du in deinem aktuellen Job mit dem Thema Elektromobilitätsberatung in Kontakt kommst.

Markus Haep:
Vielen Dank, Andreas, für das Interview und die Gelegenheit, mich heute mit dir auszutauschen. Vielleicht hole ich ein klein wenig aus: Die Hymes Energy GmbH gibt es bereits seit 2011, und seit 2016 beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema Ladeinfrastruktur. Wir haben Ende 2016 damit begonnen, als reines Handelsunternehmen Ladestationen zu vermarkten, in der Annahme, dass dieser junge Markt bald explodieren würde. Diese Entwicklung hat sich jedoch etwas länger hingezogen, aber mittlerweile sind wir nahezu ausschließlich im Bereich Ladeinfrastruktur tätig, und zwar als Full-Service-Provider. Das bedeutet, wir liefern Ladestationen, angefangen von einfachen Wallboxen bis hin zu High-Power-Chargern mit aktuell 400 kW, demnächst auch bis zu 640 kW. Dazu bieten wir Installation, Betrieb, Abrechnung sowie Service und Wartung an. Wir haben also ein komplettes Paket, das wir unseren Kunden anbieten können. Um unsere Kompetenz zu untermauern, haben wir uns überlegt, dass ein entsprechender Nachweis sinnvoll wäre. So bin ich dann glücklicherweise auf euch gestoßen, wodurch wir auch das Thema Beratung in unser Portfolio aufnehmen konnten.

Andreas Varesi:
Ja, super. Auch das haben wir vorhin schon im Vorgespräch diskutiert: In den letzten Jahren und Monaten hat sich einiges zum Negativen entwickelt, insbesondere durch die heftigen Förderstopps in den letzten Monaten. Welche konkreten Auswirkungen hat das auf deinen Job und eure Unternehmungen?

Markus Haep:
Ja, leider haben wir diese Auswirkungen sehr stark gespürt, sowohl bei der Nachfrage nach Ladeinfrastruktur insgesamt als auch bei der Umsetzung. Es herrscht derzeit eine große Verunsicherung aufgrund der allgemeinen Stimmungslage, die nicht zuletzt durch die Förderstopps und das Hin und Her der Bundesregierung hervorgerufen wurde. Wir hoffen natürlich, dass sich die Situation bald entspannt und alles wieder seinen gewohnten Gang geht. Aber wir mussten leider feststellen, dass die Nachfrage, insbesondere im aktuellen Förderprogramm für DC-Ladeinfrastruktur im nichtöffentlichen Bereich, nicht so hoch ist, wie sie sein könnte. Dadurch ist alles ein Stück weit gehemmt.

Andreas Varesi:
Ja, das spüren wir leider auch, dass der Markt momentan in einer Art Agonie liegt, obwohl einige neue Gesetze verabschiedet wurden, die das Thema Elektromobilität eigentlich deutlich bevorzugen sollten. Ein Thema, das wir gemeinsam im Kurs behandelt haben, ist die Alternative Fuels Infrastructure Regulation (AFIR). Von welchen neuen Gesetzesvorhaben oder Gesetzesvorlagen bist du und deine Kunden momentan am meisten betroffen, und welche Auswirkungen hat das auf deine Beratungstätigkeit?

Markus Haep:
Grundsätzlich sind wir von allen Gesetzen und Regularien betroffen, die sich rund um das Thema Elektromobilität drehen. Besonders stark haben wir die Verunsicherung gespürt, als Ende letzten Jahres der finale Entwurf der AFIR verabschiedet wurde und die Thematik mit dynamischem QR-Code oder Aufklebern im Raum stand. Das war natürlich suboptimal und hat zu großer Verunsicherung und Aufregung geführt, was der Branche nicht gerade geholfen hat. Dennoch sehe ich die AFIR insgesamt positiv, besonders wenn man sie unabhängig von der Thematik des Eichrechts betrachtet. In Deutschland und Österreich gibt es hier noch zusätzliche Herausforderungen, um beide Themen unter einen Hut zu bekommen. Besonders gespannt sind wir auf die Umsetzung des GEIG zum 1. Januar 2025. Hier treten neue Anforderungen in Kraft, und wir werden sehen, ob sich dadurch eine Belebung des Marktes ergibt oder was das konkret bedeutet.

Andreas Varesi:
Du meinst also die Verpflichtung, ab dem 1. Januar 2025 mindestens einen Ladepunkt auf Parkplätzen mit mehr als 20 Stellplätzen zu installieren?

Markus Haep:
Ganz genau. Wir sind gespannt, ob das so umgesetzt wird. Das GEIG ist ja auch mit Strafen belegt, wenn es nicht befolgt wird, aber wo kein Kläger, da kein Richter. Dennoch dürfen wir in der Branche nicht müde werden, das zu kommunizieren.

Andreas Varesi:
Es gibt also durchaus einige Gesetze, die der Branche wieder Aufträge verschaffen könnten. Aber wie wir vorhin schon gehört haben, leidet unsere Branche momentan unter einer Flaute. Welche Maßnahmen ergreift ihr, um dieser Flaute entgegenzuwirken?

Markus Haep:
Wir versuchen, uns besser zu vernetzen, vor allem über Kooperationen und Kooperationspartner. Zudem schauen wir, wo es eventuell Nischen oder Bereiche gibt, in die wir vorstoßen können. Wir arbeiten auch daran, unsere Sichtbarkeit zu erhöhen, vor allem in den diversen Online-Medien. Beispielsweise versuchen wir, durch LinkedIn-Posts auf unser Unternehmen und unsere Kernkompetenzen aufmerksam zu machen.

Andreas Varesi:
Super, da sind wir auch gleich beim Blick in die Zukunft. Wir hoffen ja, dass der Markt spätestens ab dem nächsten Jahr wieder deutlich anzieht, sowohl was den Fahrzeugabsatz als auch die gesetzlichen Vorgaben betrifft. Welche Zukunftsthemen siehst du in den nächsten ein bis zwei Jahren als besonders bedeutend für dein Unternehmen, und wie möchtest du diese Themen angehen?

Markus Haep:
Im Prinzip sehen wir alle Segmente als spannende und interessante Kundenbereiche an. Besonders im Auge habe ich das Thema bidirektionales Laden, das langsam Fahrt aufnimmt, auch wenn wir hier noch in den Kinderschuhen stecken. Ein weiteres spannendes Thema ist der Megawatt Charging Standard. Worin ich allerdings gewisse Bedenken habe, ist der Bereich Immobilienwirtschaft. Hier gibt es sehr viel Beratungsbedarf, aber die Entscheidungsprozesse sind extrem langwierig. Man muss hier einen langen Atem haben. Trotzdem sehe ich in der Beratung, insbesondere bei Eigentümergemeinschaften und Wohnungsgemeinschaften, großes Potenzial, um die Menschen zu informieren und zu verhindern, dass jeder seine eigene Wallbox durchsetzen will, ohne zu bedenken, dass die Leistung an den Hausanschlüssen möglicherweise nicht ausreicht.

Andreas Varesi:
Ja, die Immobilienwirtschaft ist ein sehr spannendes Thema. Wir arbeiten übrigens auch daran, mithilfe von künstlicher Intelligenz die immer komplexer werdenden Beschlussfassungen zu unterstützen, denn Hausverwalter stoßen langsam an ihre Grenzen. Hintergrund ist, dass wir mittlerweile eine Vielzahl von Vorgaben haben, wie Mieterstrom, Photovoltaik auf dem Dach und Elektromobilität in der Tiefgarage. Da sind teilweise auch Rechtsansprüche im Spiel, wie zum Beispiel bei Balkonkraftwerken. Aber solche Kombinationen in Beschlüssen zusammenzufassen, ist eine große Herausforderung. Nutzt ihr bei euch in der Beratung künstliche Intelligenz, und wenn ja, wofür?

Markus Haep:
Aktuell nutzen wir künstliche Intelligenz weniger. Manchmal verwenden wir sie, um bestimmte Themen zu recherchieren, aber ich denke, sie bietet sicherlich eine große Unterstützung. Perspektivisch sehe ich große Möglichkeiten für den Einsatz künstlicher Intelligenz, insbesondere bei der Optimierung von Ladeinfrastruktur und Ladevorgängen. Hier gibt es meines Erachtens noch viel Potenzial, das wir in Zukunft stärker nutzen werden.

Andreas Varesi:
Ich denke auch, dass künstliche Intelligenz noch in den Kinderschuhen steckt. Man muss aufpassen, was man herausgibt, ohne es noch einmal überprüft zu haben. In der Beratung können wilde Dinge erfunden und Berechnungsfehler gemacht werden, deshalb ist Vorsicht geboten. Last but not least: Wie hat dir unsere Ausbildung zum DEKRA-Berater für Elektromobilität und alternative Antriebe weitergeholfen, und was war besonders hilfreich, sowohl im Netzwerk als auch im Verband?

Markus Haep:
Meine Motivation, den Beraterkurs zu machen, war, dass ich einen Nachweis haben wollte, dass ich zumindest ansatzweise weiß, worüber ich spreche. Man hat natürlich immer ein sehr partielles Wissen, wenn man sich mit bestimmten Teilbereichen wie in unserem Fall mit Ladeinfrastruktur und Backendlösungen beschäftigt. Den Gesamtüberblick habe ich jedoch erst in der Ausbildung zum DEKRA-Berater bekommen. Dadurch erhält man ein besseres und umfassenderes Verständnis für die Themenkomplexe, was ich wirklich hervorragend finde. So hat man auch in Bereichen, in denen man nicht täglich unterwegs ist, eine solide Grundlage an Wissen. Das Drumherum, also das Beratungsnetzwerk, das ihr aufgebaut habt, und der permanente Austausch sowie die Möglichkeit, auf das vorhandene Wissen der Berater zurückzugreifen, sind mindestens genauso wichtig. Ich kann daher jedem, der in diesem Segment unterwegs ist und sich intensiv mit Elektromobilität beschäftigt, den Kurs nur empfehlen. Es ist definitiv eine Bereicherung und eine Bestätigung der eigenen Qualifikation.

Andreas Varesi:
Super, dann bedanke ich mich ganz herzlich für das spannende Interview. Ich drücke dir die Daumen, dass wir die Flaute gemeinsam und mit unserem Netzwerk möglichst schadlos überstehen, und wünsche dir viel Erfolg und einen schönen Tag.

Markus Haep:
Vielen Dank, Andreas. Ich wünsche dir auch alles Gute und bedanke mich herzlich für das tolle Gespräch.

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